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Wann ist lügen strafbar?

Das Schweizer Strafrecht geht mit Lügnerinnen und Lügnern sanft um. So ist die einfache mündliche Lüge in der Regel nicht strafbar. Ein Beschuldigter darf zur Sache immer schweigen. Er hat das Recht zu schweigen bzw. die Aussage zu verweigern. Aber auch wenn er spricht, darf er lügen, zumindest soweit er sich nicht dadurch strafbar macht.

Lügt ein Beschuldigter, um sich selbst zu entlasten, spricht man auch von einer Schutzbehauptung. Führt eine Person mit ihren unwahren Angaben die Rechtspflege in die Irre (Irreführung der Rechtspflege), zeigt sie einen Nichtschuldigen an (falsche Anschuldigung) oder begünstigt sie damit einen Straftäter (Begünstigung), dann macht sie sich mit ihrer mündlichen Lüge wegen eines Rechtspflegedelikts strafbar.

Verletzt sie mit ihren unwahren Angaben eine Person in ihrer Ehre, dann macht sie sich der Verleumdung oder üblen Nachrede strafbar. Strafrechtlich relevant werden kann eine Lüge auch als Aussagedelikt in einem Verfahren, wie zum Beispiel bei einer Falschaussage eines Zeugen vor Gericht (falsches Zeugnis), der immer die Wahrheit zu sagen hat, wenn er eine Aussage macht (in bestimmten Fällen hat der Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht).

Wer sodann in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, macht sich ebenfalls strafbar (falsche Beweisaussage einer Partei). Als Spezialfall der Täuschung kann eine Lüge auch ein Betrugsdelikt darstellen, wenn jemand bspw. ein ganzes Lügengebäude errichtet und dadurch ein Opfer arglistig täuscht, wodurch dieses Vermögen preisgibt.

Hier kann der Lügner als Betrüger bestraft werden. Grundsätzlich ist Lügen jedoch nicht strafbar. Das gilt auch für schriftliche Lügen, es sei denn, man macht die falschen Angaben in einer Urkunde (Falschbeurkundung, falsches ärztliches Zeugnis etc.).

Das Schweizer Strafrecht fasst Lügen nach dem Gesagten also mit Samthandschuhen an: Lügen ist grundsätzlich erlaubt! Dies ganz im Widerspruch zu moralischen Wertvorstellungen oder religiösen Geboten (in der Bibel ist es das 8. Gebot), die das Lügen untersagen, aber wohl im Einklang mit der gelebten Realität, in der Lügen leider oftmals zum Alltag gehört. Das Strafrecht greift in diesem Bereich aber erst ein, wenn es darum geht, bestimmte Rechtsgüter des Einzelnen, der Gemeinschaft oder des Staates vor Lügen zu schützen.

Rechtsanwalt & Partner
Im Aargauer Fricktal geboren und aufgewachsen ist Roman M. Hänggi eng mit der Region Nordwestschweiz verbunden. Mit grosser Entschlossenheit und Engagement hat Roman M. Hänggi seine juristische Ausbildung zum Anwalt in sieben Jahren durchlaufen. Neben seinem Beruf war er auch im Militär über viele Jahre als Gerichtsschreiber, Untersuchungsrichter, Auditor, Geschäftsleitender Auditor und Präsident juristisch tätig. Roman M. Hänggi ist verheiratet und hat zwei Söhne. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie und, sofern daneben noch Zeit übrig bleibt, in seinem Garten.
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