Häusliche Gewalt ist ein schwerwiegendes Problem, das oft im Schatten des Alltags versteckt bleibt. Es handelt sich um eine Form von Gewalt, bei der Personen, die zusammenwohnen oder zusammen gewohnt haben, physische, psychische oder sexuelle Gewalt ausüben oder androhen. Sie zeigt sich in verschiedenen Formen und kann sowohl Männer als auch Frauen und Kinder betreffen.
Häusliche Gewalt in der Schweiz
In der Schweiz, wie in vielen anderen Ländern auch, ist häusliche Gewalt ein ernstes Problem, das zahlreiche Menschen betrifft, unabhängig von Geschlecht, Alter, Kultur oder sozialem Status. Der Gesetzgeber der Schweiz hat in den letzten Jahren wichtige Schritte unternommen, um den Schutz von Frauen, Kinder und Männer zu verbessern und Täter zur Verantwortung zu ziehen. Doch was genau versteht die Schweizer Gesetzgebung unter „häuslicher Gewalt“?
Häusliche Gewalt: Definition laut Gesetz
Häusliche Gewalt wird im Schweizer Recht nicht explizit definiert, doch sie umfasst Handlungen oder das Unterlassen von Handlungen, die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person verletzen oder gefährden. Diese Handlungen können innerhalb einer Familie, einer Ehe oder einer Partnerschaft stattfinden, aber auch zwischen Personen, die in einem engen persönlichen Verhältnis stehen und zusammenleben.
Rechtlicher Rahmen
Das Schweizerische Strafgesetzbuch (StGB) enthält verschiedene Artikel, die sich auf Gewalttaten beziehen. So regeln beispielsweise die Artikel 123, 124 und 126 StGB Gewalthandlungen gegen die körperliche Integrität, wie Körperverletzung, schwere Körperverletzung und Tötung.
Darüber hinaus hat das Opferhilfegesetz (OHG) besondere Bedeutung im Kontext häuslicher Gewalt. Es gewährleistet, dass Opfer von Straftaten angemessen unterstützt werden und Anspruch auf finanzielle Entschädigung und Genugtuung haben.
Schutzmassnahmen und Intervention
Das Zivilrecht ermöglicht Opfern von häuslicher Gewalt, Schutzanordnungen wie die Wegweisung des gewalttätigen Partners aus der gemeinsamen Wohnung zu beantragen.
Zudem gibt es in der Schweiz auch spezialisierte Anlaufstellen wie die Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt (IST), die eine zentrale Rolle bei der Koordination von Schutzmassnahmen, Vernetzung und Beratung spielt.
Die verschiedenen Gesichter häuslicher Gewalt
Häusliche Gewalt ist nicht nur auf körperliche Misshandlungen beschränkt. Ihre Erscheinungsformen sind vielfältig und können unterschiedliche Auswirkungen auf die Opfer haben.
Physische Gewalt
Definition: Hierunter fallen alle Handlungen, die zu körperlichen Schmerzen, Verletzungen oder Krankheiten führen.
Beispiele: Schläge, Tritte, Würgen, das Werfen von Gegenständen oder das Verursachen von Verbrennungen.
Körperliche Gewalt an Kindern durch die Eltern
Definition: Gewalttätige Handlungen von Eltern oder Erziehungsberechtigten gegenüber ihren Kindern.
Beispiele: Schläge, Tritte, das Zufügen von Verbrennungen oder das Zwangsfüttern.
Gewalt durch Kinder an ihren Eltern
Definition: Gewalttätige Handlungen von Kindern, insbesondere Jugendlichen, gegenüber ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten.
Beispiele: Körperliche Angriffe, verbale Drohungen oder das Zerstören von Eigentum.
Sexuelle Gewalt
Definition: Jede Form von sexuellem Handeln oder Drängen gegen den Willen einer Person.
Beispiele: Erzwungener Geschlechtsverkehr, ungewollte sexuelle Berührungen oder Handlungen und das Zur-Schau-Stellen von pornografischem Material gegen den Willen des Opfers.
Vergewaltigung in der Ehe
Definition: Ein sexueller Übergriff, der ohne das Einverständnis des anderen Ehepartners innerhalb der Ehegrenzen stattfindet.
Beispiele: Erzwungener Geschlechtsverkehr, sexuelle Handlungen, die von einem Partner nicht gewünscht werden.
Sexuelle Übergriffe in der Familie
Definition: Unerwünschte sexuelle Handlungen, die innerhalb der familiären Beziehungen, einschliesslich erweiterter Familienmitglieder, auftreten.
Beispiele: Unsittliche Berührungen, sexuelle Handlungen zwischen Familienmitgliedern ohne Einverständnis.
Psychische Gewalt
Definition: Gewalt, die darauf abzielt, eine Person emotional oder mental zu schädigen.
Beispiele: Beleidigungen, Erniedrigungen, Einschüchterungen, übermässige Eifersucht oder das Spielen von „Kopfspielen“.
Drohungen oder psychische Gewalt in der Partnerschaft
Definition: Verhaltensweisen oder Äusserungen, die dazu bestimmt sind, den Partner einzuschüchtern, zu kontrollieren oder ihm Angst zu machen.
Beispiele: Androhungen von Gewalt, ständiges Kritisieren, Erniedrigungen, Isolieren vom sozialen Umfeld oder das Drohen mit Selbstverletzung.
Stalking durch den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin
Definition: Hartnäckiges und unerwünschtes Verfolgen/Stalking, Belästigen oder Überwachen einer Person nach dem Ende einer Beziehung.
Beispiele: Unaufhörliches Anrufen, Nachrichten senden, physisches Verfolgen oder das Versenden von unerwünschten Geschenken.
Misshandlung durch betreuende oder pflegende Angehörige
Definition: Gewalt oder Missbrauch, der von Personen verübt wird, die die Pflege oder Betreuung von hilfsbedürftigen Familienmitgliedern übernommen haben.
Beispiele: Vernachlässigung, körperlicher Missbrauch oder der bewusste Entzug von Medikamenten.
Androhung oder Durchsetzung einer Zwangsheirat
Definition: Eine Heirat, die ohne das freie und volle Einverständnis einer oder beider Parteien geschlossen wird.
Beispiele: Androhung von Gewalt, Isolation oder sozialen Sanktionen, um eine Heirat durchzusetzen.
Kontrolle und Bevormundung
Definition: Handlungen, die darauf abzielen, die Freiheit oder Autonomie einer Person zu beschränken.
Beispiele: Übermässige Kontrolle über die Finanzen, das Einschränken von Kontakten zu Familie und Freunden, das Überwachen der Kommunikation oder das Verhängen von Ausgehverboten.
Wirtschaftliche Gewalt
Definition: Gewalt, die sich darauf konzentriert, das Opfer finanziell abhängig zu machen oder zu halten.
Beispiele: Das Verweigern von Geld, das Forcieren von Schulden im Namen des Opfers oder das Sabotieren von Arbeitsmöglichkeiten.
Die Folgen für die Opfer häuslicher Gewalt
Die physischen und emotionalen Narben, die durch häusliche Gewalt entstehen, können ein Leben lang andauern. Viele Kinder, Frauen und Männer entwickeln posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen oder Angstzustände. Sie ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück, verlieren Selbstvertrauen und fühlen sich ständig unsicher.
Es ist von grösster Bedeutung, dass Opfer schnell handeln und sich umgehend Hilfe suchen. Je früher sie Unterstützung erhalten, desto besser können sie die erlebte Gewalt verarbeiten und sich vor weiteren Vorfällen schützen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, Notrufnummern und Hilfsangebote, die Betroffenen zur Seite stehen.
Hilfsangebote in Basel, Bern, Aargau, Zürich, Luzern und Zug
Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, bei denen sich Betroffene Hilfe und Unterstützung holen können. Schutzhäuser, Beratungsstellen und therapeutische Einrichtungen bieten einen sicheren Ort, an dem Opfer ihre Erlebnisse verarbeiten und Strategien für ein gewaltfreies Leben entwickeln können.
Für Betroffene von häuslicher Gewalt ist es essentiell, schnell Unterstützung zu finden. Hier finden Sie eine Liste von Frauenhäusern und Opferhilfestellen, die Hilfe und Schutz bieten:
Frauenhäuser: Bietet Schutz, Unterkunft und Beratung für Frauen und ihre Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Opferhilfestellen: Stellt sicher, dass Opfer von Straftaten die notwendige Unterstützung und die ihnen zustehenden Leistungen erhalten, z.B
Opferhilfestellen Basel
Frauenhaus Basel:
Webseite: Frauenhaus Basel-Stadt
Telefon: 061 681 66 33
Opferhilfe Basel:
Webseite: Opferhilfestelle Kanton Basel-Stadt
Telefon: 061 205 09 10
Opferhilfestellen Bern
Frauenhaus Bern:
Webseite: Frauenhaus Bern
Telefon: 031 332 55 33
Opferhilfe Bern:
Webseite: Opferhilfestelle Kanton Bern
Telefon: 031 370 30 70
Opferhilfestellen Aargau-Solothurn
Frauenhaus Aargau-Solothurn:
Webseite: Frauenhaus Aargau-Solothurn
Telefon: 062 823 86 00
Opferhilfe Aargau:
Webseite: Opferhilfestelle Kanton Aargau
Telefon: 062 835 47 90
Opferhilfestellen Zürich
Frauenhaus Zürich:
Webseite: Frauenhaus Zürich
Telefon: 044 350 04 04
Opferhilfe Zürich:
Webseite: Opferhilfestelle Kanton Zürich
Telefon: 043 259 25 41
Opferhilfestellen Luzern
Frauenhaus Luzern:
Webseite: Frauenhaus Luzern
Telefon: 041 360 70 00
Opferhilfe Luzern:
Webseite: Opferhilfestelle Luzern
Telefon: 041 228 74 00
Opferhilfestellen Zug
Frauenhaus Zug:
Webseite: Frauenhaus Zug
Telefon: 041 727 76 86
Opferhilfe Zug:
Webseite: Opferhilfestelle Zug
Telefon: 041 728 50 20